smart home mockup

Smart Home – Quo vadis?

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Wer eine Rei­se tut, der kann was erzäh­len! Dies gilt umso mehr, wenn man mit einem Smart Home in ein neu­es Haus umzieht. Inso­fern haben sich durch die räum­li­che Ver­än­de­rung in Sachen Smart Home etli­che Chan­cen, Her­aus­for­de­run­gen und tech­ni­sche Ver­än­de­run­gen erge­ben, an denen ich Euch nun teil­ha­ben las­sen möchte.

Abschied von Britzingen

In unse­rem alten Haus hat­te ich über die Jah­re eine kom­for­ta­ble, aber auch lei­der sehr kom­ple­xe smar­te Infra­struk­tur auf­ge­baut. Mir wur­de bei den Vor­be­rei­tun­gen auf einen Ver­kauf des Hau­ses schnell bewusst, dass ein indi­vi­du­el­les Smart Home eine ech­te Bür­de dar­stellt; da kaum ein Käu­fer bereit oder in der Lage gewe­sen wäre, sich auf die Pfle­ge mei­ner recht kom­ple­xen tech­ni­schen Spie­le­rei­en ein­zu­las­sen. So war ich gezwun­gen, die lie­be­voll kon­fi­gu­rier­ten Kom­po­nen­ten weit­ge­hend rück­zu­bau­en und – wo mög­lich – durch „dum­me“ Schal­ter zu erset­zen. Das Pro­blem hier­bei war, dass eini­ge Akto­ren sich nur durch einen hohen bau­li­chen Auf­wand hät­ten erset­zen las­sen – In die­sen Fäl­len rüs­te­te ich die Kom­po­nen­ten auf einen stand-alone Betrieb um und hin­ter­ließ für den Haus­käu­fer eine aus­führ­li­che Gebrauchs­an­lei­tung. (*Spoi­ler: es waren inzwi­schen den­noch eini­ge Tele­fo­na­te not­wen­dig, z.B. als bei Maler-Arbeiten ein Funk­schal­ter ver­lo­ren ging, der mit meh­re­ren Jalou­sien direkt gekop­pel­ter war. Das Anler­nen eines neu­en Schal­ters ist lei­der nicht tri­vi­al).

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Ein Smart Home ist für den Haus­ver­kauf eher eine Bür­de, als ein Asset.

Der Neustart in Neckarbischofsheim

Im neu­en Haus stand ich erneut vor der Auf­ga­be des ‚Retro­fit­ting‘, also des naträg­li­chen Ein­baus mei­ner ca. 120 smar­ten Kom­po­nen­ten in die bereits vor­han­de­ne elek­tri­sche Infra­struk­tur. Natür­lich soll­te dies nicht zum Selbst­zweck pas­sie­ren, son­dern jeweils eine spür­ba­re Ver­bes­se­rung dar­stel­len. Kein ein­fa­cher Job.
Unser Haus, Bau­jahr 2006, hat­te zwar bereits eini­ge moder­ne Annehm­lich­kei­ten, war jedoch in Sachen Kli­ma und Licht eher rudi­men­tär aus­ge­rüs­tet. So gab es z.B. nicht in jeder Schal­ter­do­se einen Neu­t­ral­lei­ter; man­che Schal­tun­gen waren stern­för­mig ange­legt (lan­de­ten also im Siche­rungs­kas­ten; lei­der groß­teils unbe­schrif­tet), ande­re – offen­sicht­lich nach­ge­rüs­tet – waren im Zim­mer ver­ka­belt, ende­ten unter­putz oder als loser Lei­ter irgend­wo im Nichts.

Virtualisierung

Da ich eini­ge mei­ner Steu­er­ge­rä­te („Zen­tra­len“, „Hubs“) im alten Haus zurück las­sen muss­te, stell­te sich zwangs­läu­fig die Fra­ge nach Ersatz. Gleich­zei­tig war ich mit der Per­for­mance und Zuver­läs­sig­keit z.B. des Mini-Computers RaspBer­ry Pi nicht mehr ganz zufrie­den. Der War­tungs­auf­wand auf­grund zuletzt vier unter­schied­li­cher Mini­com­pu­ter nebst jeweils eige­nem Betriebs­sys­tem war eben­falls nicht zu unterschätzen.

Beim Neu­start habe ich daher kon­se­quent auf Vir­tua­li­sie­rung gesetzt. Als Grund­la­ge dien­te ein leis­tungs­star­ker Mini-PC (ähn­lich wie ein Intel NUC), auf dem ein Pro­xM­ox Ser­ver auf­ge­setzt wurde.

Aktuelle IST-Situation und Lektionen für die Zukunft

Den Neu­start habe ich eben­falls genutzt, um den Wild­wuchs an Sys­te­men zu ver­schlan­ken. So set­ze ich inzwi­schen aus­schließ­lich auf Home Assistant als mei­ne Smart Home Zen­tra­le. Die­ses Sys­tem wird durch eine gro­ße Com­mu­ni­ty gut gepflegt und bringt bereits Inte­gra­tio­nen für die meis­ten Her­tel­ler mit. Eine App für das Smart­phone erlaubt eine kom­for­ta­ble Bedi­nung dank frei gestalt­ba­rer Benut­zer­ober­flä­che. Dank eines USB-Dongles ZBT‑1 vom glei­chen Her­stel­ler wird das Zigbee-Protokoll (für Phil­ips Hue, Osram Smart+, etc.) nativ unter­stützt und das Sys­tem ist auch schon gerüs­tet für den übrgrei­fen­den „Mat­ter over Thread“ Standard.

Ledig­lich für mei­ne Hand­voll Home­ma­tic (IP) Kom­po­nen­ten wird noch eine sepa­ra­te (vir­tu­el­le) Zen­tra­le auf Basis des Raspber­ry­Ma­tic Betriebs­sys­tems benötigt.

Schematische Darstellung meines neuen Smart-Homes

Im Ver­gleich zu mei­ner alten Lösung zeigt sich eine deut­li­che Struktur-Vereinfachung.

Die meis­ten Kom­po­nen­ten betrei­be ich lokal, so dass mein Smart-Home auch off­line wei­ter funk­tio­niert. Haupt­säch­lich aus Bequem­lich­keit nut­ze ich für machen Sys­te­me aber immer noch die jewei­li­ge Hersteller-Cloud, obwohl es meist sogar loka­le Lösun­gen gäbe – z.B. indem eine ver­än­der­te Firm­ware auf­ge­spielt wird oder der Hersteller-Code manu­ell ein­ge­ge­ben wer­den muss.

Lektionen für die Zukunft

Fol­gen­de Erkennt­nis­se wür­de ich aktu­ell einem Smart-Home Ein­stei­ger mit auf den Weg geben

  • Nut­ze so weni­ge Pro­to­kol­le, wie mög­lich. Bevor­zu­ge her­stel­ler­über­grei­fen­de Stan­dards (wie Zig­bee, Mat­ter, Thread o.ä.). Für jedes zusätz­li­che Pro­to­koll wird meist eine eige­ne Hardware-Zentrale oder eine Software-Integration benö­tigt. Somit erhöht sich die Kom­ple­xi­tät und der War­tungs­auf­wand. Pro­prie­tä­re (Funk-)Protokolle brin­gen außer­dem die Gefahr mit sich, dass die Kom­pa­ti­bi­li­tät in Zukunft ver­lo­ren geht. Was uns zum nächs­ten Punkt bringt…
  • Prü­fe vor dem Kauf einer neu­en Kom­po­nen­te, ob die­se gut mit dei­nem Sys­tem zusam­men arbei­tet
    die meis­ten Kom­po­nen­ten kön­nen irgend­wie in ein Sys­tem wie Home-Assistant inte­griert wer­den. Vie­le Her­stel­ler koope­rie­ren sogar offi­zi­ell mit Home-Assistant Foun­da­ti­on, so dass man von einer lang­fris­ti­gen Funk­tio­na­li­tät aus­ge­hen darf. Ande­re Kom­po­nen­ten kön­nen zumin­dest über eine Community-gepflegte (inof­fi­zi­el­le) Inte­gra­ti­on genutzt wer­den. Ob hier aber zeit­ge­mäß und auch in Zukunft Updates gebo­ten wer­den, hängt vom Enga­ge­ment der (Hobby-)Programmierer ab… Und dann gibt es lei­der auch die unrühm­li­chen Aus­nah­men, die sich gar nicht in ein Smart Home inte­grie­ren wol­len, son­dern nur über die pro­prie­tä­re App benutz­bar sind (z.B. eini­ge Reolink-Kameras). Letz­te­re soll­te man nach Mög­lich­keit vermeiden.
  • Bevor­zu­ge loka­le Lösun­gen vor cloud-basierten Lösun­gen
    Hersteller-Clouds bie­ten meist einen höhe­ren Kom­fort, ber­gen aber eini­ge Gefah­ren: so wer­den per­sön­li­che Daten über’s Inter­net geschickt und beim Aus­fall der Ser­ver (Her­stel­ler geht plei­te, ändert sei­ne Poli­tik oder hat tech­ni­sche Pro­ble­me) kön­nen Kom­po­nen­ten ihre Funk­ti­on verlieren!
  • Vir­tua­li­sie­re dei­ne Zen­tra­len und Hubs!
    Hier­durch ver­rin­gert sich der War­tungs­auf­wand und es erhöht sich die Aus­fall­si­cher­heit. Man kann zum Bei­spiel Back­ups erstel­len und „Watch­dogs“ ein­set­zen, um (extern) den Absturz einer Zen­tra­le fest­zu­stel­len und einen ent­spre­chen­den Neu­start zu initiieren.

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