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»Die Milch macht’s« vielleicht doch nicht! (3)

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In mei­nem drit­ten und letz­ten Teil der epi­schen »Milch-Saga« bli­cke ich auf ver­schie­dens­te Eigen­schaf­ten, die man der Milch – zurecht oder zu Unrecht? – zuge­schrie­ben hat. Außer­dem zie­he ich ein abschlie­ßen­des Fazit. Wenn Sie die ande­ren bei­den Tei­le noch nicht gele­sen haben: Sie fin­den die­se hier und hier.

Milch und die Zuckerkrankheit

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Dia­be­tes mel­li­tus Typ 2 ist welt­weit ein gro­ßes und wei­ter zuneh­men­des gesell­schaft­li­ches Pro­blem. Vie­le Stu­di­en haben sich mit den Ernäh­rungs­ge­wohn­hei­ten von Men­schen und den damit ver­bun­de­nen Effek­ten auf die Diabetes-Entstehung beschäf­tigt.
Schnell wur­de klar, dass eine gene­rell gesun­de Ernäh­rung, zum Bei­spiel nach der berühm­ten „Mittelmeer-Diät“, sich auch güns­tig auf das Diabetes-Risiko aus­wirkt. Was Milch­pro­duk­te und die Bedeu­tung für Dia­be­tes angeht, so kamen frü­he Stu­di­en zu durch­wach­se­nen und unein­heit­li­chen Ergeb­nis­sen. Bei eini­gen Milch­pro­duk­ten, wie etwa Joghurt, waren sich alle rela­tiv bald einig, dass durch einen regel­mä­ßi­gen Ver­zehr das Erkran­kungs­ri­si­ko für Dia­be­tes gesenkt wer­den kann. Neue­re Meta-Analysen zei­gen nun, dass wohl alle Milch und Milch­pro­duk­te für das Diabetes-Risiko und auch für den Ver­lauf einer bereits vor­han­de­nen Diabetes-Erkrankung einen posi­ti­ven Effekt haben; die­ser ist nur unter­schied­lich stark aus­ge­prägt1 .

Milch und die Herzkranzgefäße

heartache, chest pain, hurt

Athero­skle­ro­se – im Volks­mund auch ‚Gefäß­ver­kal­kung‘ genannt – stellt eine Volks­krank­heit dar. Sie ist ein Risi­ko für die Koro­na­re Herz­krank­heit (KHK), schlimms­ten­falls Herz­in­farkt und Schlag­an­fall. Gesun­de Ernäh­rung, ins­be­son­de­re mit Augen­merk auf den Fett­stoff­wech­sel und auf Blut­druck­sen­kung, hilft dabei, einer Gefäß­ver­kal­kung vor­zu­beu­gen.
Lan­ge Zeit strit­ten sich auch hier die Gelehr­ten, ob die in Milch ent­hal­te­nen Fet­te sich evtl. ungüns­tig aus­wir­ken kön­nen.  Inzwi­schen meh­ren sich die Hin­wei­se, dass sich der regel­mä­ßi­ge Ver­zehr von Milch und (fer­men­tier­ten) Milch­pro­duk­ten eher neu­tral bis leicht posi­tiv auf das KHK-Risiko, bzw. die Gefahr eines Schlag­an­falls oder Herz­in­fark­tes, aus­wirkt2.

Milch und Diät

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Ent­ge­gen der land­läu­fi­gen Mei­nung, Milch mache dick, könn­te Milch eher dabei hel­fen, abzu­neh­men bzw. ein gesun­des Gewicht zu hal­ten3, denn die ent­hal­te­nen Milch­ei­wei­ße wie Kase­in ver­mit­teln uns ein lan­ge anhal­ten­des Sät­ti­gungs­ge­fühl4.
Die Zusam­men­hän­ge in Ernäh­rungs­din­gen sind aller­dings kom­ple­xer, natür­lich kommt es auch dar­auf an, wie (kalo­rien­las­tig) man sich ansons­ten ernährt. Grund­sätz­lich scheint eine koh­len­hy­drat­ar­me, pro­te­in­rei­che Kost – auch mit Milch als Eiweiß­lie­fe­ran­ten – in Ver­bin­dung mit Bewe­gung und Sport das rich­ti­ge Rezept zum Abneh­men zu sein!
Mit der Reduk­ti­on des Fett­ge­hal­tes in der Kuh­milch könn­ten sich die posi­ti­ven Effek­te ver­stär­ken und noch mehr Men­schen einen gesund­heit­li­chen Nut­zen haben5.
Aller­dings kam in die­ser Hin­sicht eine sehr aktu­el­le Stu­die, die Grün­de für Fett­lei­big­keit bei Kin­dern unter­such­te, zu dem über­ra­schen­den Ergeb­nis: Kin­der, die Voll­milch tran­ken, waren im Schnitt schlan­ker, als Kin­der, die fett­re­du­zier­te Milch beka­men6. Lei­der muss man sol­che Stu­di­en­ergeb­nis­se, wie wir bereits in Teil 1 gelernt haben, immer mit Vor­sicht genie­ßen: unklar bleibt zwangs­läu­fig bei sol­chen Stu­di­en, was Ursa­che und was Wir­kung ist.. ver­mut­lich ach­ten Eltern von ohne­hin dicken über­ge­wich­ti­gen Kin­dern ver­mehrt auf den Fett­ge­halt und geben daher ihren Kin­dern lie­ber die fett­ar­me Milch… Wie auch immer – fest­zu­hal­ten bleibt: das gene­rel­le Vor­ur­teil, Milch sei ein Dick­ma­cher, lässt sich defi­ni­tiv nicht bestätigen.

Was sonst noch, Kurz und knapp…

Es gäbe noch so viel mehr über Milch zu schrei­ben. Hier daher, in aller Kür­ze, ein paar wich­ti­ge Aspek­te, auf die ich lei­der nicht mehr aus­führ­lich ein­ge­hen konnte.

  • Wer sich ver­tie­fen­der mit The­men wie Umwelt, Glo­bal Health, Milch­wirt­schaft und Tier­ethik befas­sen möch­te, der fin­det im sehr aktu­el­len Über­sichts­ar­ti­kel von Grout et al. einen guten Start­punkt7.

  • Vor­sicht mit Medi­ka­men­ten: das Cal­ci­um in der Milch kann die Wir­kung ver­schie­de­ner Medi­ka­men­te stö­ren, wenn man die­se zusam­men mit Milch (oder ande­ren Calcium-haltigen Geträn­ken) ein­nimmt. Zum Bei­spiel Anti­bio­ti­ka wie Cipro­flo­xa­cin oder Doxy­cy­clin gehö­ren dazu, auch ver­schie­de­ne Osteo­po­ro­se­mit­tel und Flu­or­ta­blet­ten. Gene­rell gilt: Medi­ka­men­te lie­ber nur mit einem Glas Was­ser einnehmen!

  • Milch führt nicht zu Ver­schlei­mung8. Dies ist ein Mythos, der ger­ne von Alter­na­tiv­me­di­zi­nern pro­pa­giert wird. Zwar ergibt sich beim Trin­ken von Milch zusam­men mit dem Spei­chel manch­mal eine dick­flüs­si­ge, sich schlei­mig anfüh­len­de Emul­si­on, es führt aber nicht zur ver­mehr­ten Schleim­pro­duk­ti­on in der Lun­ge oder in Bronchien.

  • Milch hat nichts mit Autis­mus zu tun9. Ernst­haft, lie­be Eltern: hört auf, Eure autis­ti­schen Kin­der mit irgend wel­chen Diä­ten oder alter­na­tiv­me­di­zi­ni­schen Mit­tel­chen zu trak­tie­ren. Es nutzt nichts.

Abschließendes Fazit

Ja, es stimmt: der gesund­heit­li­che Effekt von Milch wird in der Wer­bung über­trie­ben dar­ge­stellt. Für die meis­ten Behaup­tun­gen gibt es kei­ne guten Bele­ge. Dies gilt aller­dings auch für die angeb­li­chen Nega­tiv­ef­fek­te von Milch­kon­sum. Vie­le Geg­ner füh­ren an, Milch sei nur für Käl­ber gedacht und nicht zum Ver­zehr für (erwach­se­ne) Men­schen geeig­net. Sie über­se­hen dabei, dass es Teil der Erfolgs­ge­schich­te unse­rer Spe­zi­es war, sich neue Nah­rungs­quel­len zu eröff­nen. Milch ist dabei sicher nicht die schlech­tes­te Wahl: im Gegen­teil, vie­le Exper­ten sehen Milch in der Sum­me aller Effek­te ins­ge­samt posi­tiv und wei­sen auf ihre wich­ti­ge Bedeu­tung für eine aus­ge­wo­ge­ne Ernäh­rung hin (exem­pla­risch:3 ).

Bezo­gen auf das Krebs­ri­si­ko hal­ten sich die Effek­te ver­mut­lich die Waa­ge – so könn­te für eini­ge Krebs­ar­ten ein erhöh­tes Risi­ko mit Milch­ver­zehr ein­her­ge­hen (am ehes­ten ist die­ser Nega­tiv­ef­fekt gesi­chert für das Rezi­div­ri­si­ko nach durch­ge­mach­tem Pro­sta­ta­kar­zi­nom, hier könn­te sich eine Ein­schrän­kung beim Milch­kon­sum even­tu­ell aus­zah­len); vor ande­ren Krebs­ar­ten, wie etwa Darm- und Bla­sen­krebs, könn­te Milch uns aber ein biss­chen schüt­zen. All die­se Über­le­gun­gen sind ohne­hin eher theo­re­ti­scher Natur und soll­ten für den Ein­zel­nen nicht unbe­dingt hand­lungs­be­stim­mend sein. Die trau­ri­ge Wahr­heit ist: selbst wenn man sich opti­mal ernährt und nur »Super­foods« zu sich nimmt, kann man lei­der an Krebs erkran­ken. Und von irgend etwas muss man sich schließ­lich ernähren.

food-on-brown-board-stockpack-pexels.jpgKuh­milch ist ein gesun­der Lie­fe­rant von wert­vol­len Eiwei­ßen, die uns lan­ge sät­ti­gen und Milch­pro­duk­te lie­fern uns wich­ti­ge Nähr­stof­fe – ob wir Milch unbe­dingt für unse­re Ernäh­rung brau­chen, hängt von unse­ren sons­ti­gen Lebens­mit­tel­ver­sor­gung ab.
Es stellt sich dabei immer die Fra­ge: »was ist die Alter­na­ti­ve, wie gesund ist die­se und was kos­tet sie?« Wenn wir uns ins­ge­samt aus­ge­wo­gen und gesund ernäh­ren kön­nen, ist der Bei­trag von Kuh­milch ver­nach­läs­sig­bar, denn: alle Nähr­stof­fe, die uns Milch­pro­duk­te lie­fern, kön­nen wir uns im Rah­men einer bewuss­ten Ernäh­rung auch durch ande­re Lebens­mit­tel zufüh­ren10. Die­se Alter­na­ti­ven kos­ten aber zum Teil (mehr) Geld. Gera­de für Kin­der aus weni­ger gut bemit­tel­ten Fami­li­en kann eine Grund­ver­sor­gung mit Milch daher hel­fen, eine aus­ge­wo­ge­ne Ernäh­rung sicher zu stellen.

Brau­chen wir also wirk­lich Milch, um gesund zu leben? wahr­schein­lich eher nicht! Es spricht aber auch für die meis­ten Men­schen nichts dage­gen, sich ab und zu ein Glas Milch, Joghurt, Kefir oder Quark, bzw. einen lecke­ren Käse oder die But­ter auf’s Brot zu gön­nen. Wir müs­sen den­noch ler­nen, Milch als ein wert­vol­les Lebens­mit­tel zu begrei­fen, das es – wie immer im Leben – bes­ser nur in Maßen zu genie­ßen gilt!

Quellen und Anmerkungen:

  1. Alvarez-Bueno C, Cavero-Redondo I, et al.: „Effects of Milk and Dairy Pro­duct Con­sump­ti­on on Type 2 Dia­be­tes: Over­view of Sys­te­ma­tic Reviews and Meta-Analyses“. Adv Nutr. 2019;10(suppl_2):S154‐S163. [Voll­text
  2. Drouin-Chartier JP, Bras­sard D, et al.: „Sys­te­ma­tic Review of the Asso­cia­ti­on bet­ween Dairy Pro­duct Con­sump­ti­on and Risk of Cardiovascular-Related Cli­ni­cal Out­co­mes“. Adv Nutr. 2016;7(6):1026‐1040. Published 2016 Nov 15. doi:10.3945/an.115.011403 [Voll­text]
  3. Davoo­di SH, Shah­ba­zi R, et al.: „Health-Related Aspects of Milk Pro­te­ins“. Iran J Pharm Res. 2016;15(3):573‐591. [Voll­text]
  4. Bendt­sen LQ, Loren­zen JK, Bend­sen NT, Ras­mus­sen C, Astrup A. Effect of dairy pro­te­ins on appe­ti­te, ener­gy expen­dit­u­re, body weight, and com­po­si­ti­on: a review of the evi­dence from con­trol­led cli­ni­cal tri­als. Adv Nutr. 2013;4(4):418‐438. Published 2013 Jul 1. doi:10.3945/an.113.003723 [Voll­text]
  5. Kli­em KE, Givens DI. Dairy pro­ducts in the food chain: their impact on health. Annu Rev Food Sci Tech­nol. 2011;2:21-36. doi:10.1146/annurev-food-022510–133734 [Abs­tract]
  6. Van­d­er­hout SM, Juando-Prats C, et al.: „A qua­li­ta­ti­ve stu­dy to under­stand parent and phy­si­ci­an per­spec­ti­ves about cow’s milk fat for child­ren“. Public Health Nutr. 2019;22(16):3017‐3024. doi:10.1017/S136898001900243X [Abs­tract]
  7. Grout L, Bak­er M, et al.: „A Review of Poten­ti­al Public Health Impacts Asso­cia­ted With the Glo­bal Dairy Sec­tor“. Geo­he­alth. 2020 Feb; 4(2): e2019GH000213 [Voll­text]
  8. Balfour-Lynn IM: „Milk, mucus and myths.“ Arch Dis Child 2018; 91–93 [Abs­tract]
  9. Tur­ck D: „Cow’s milk and goat’s milk“. World Rev Nutr Diet. 2013;108:56‐62. doi:10.1159/000351485 [Abs­tract]
  10. Wil­lett, WC & Lud­wig, DS: „Milk and Health“. N Engl J Med,  2020 Feb 13; S. 644–54. [Abs­tract]

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